Ein Sooma-Allround-Paket und das Leben auf der Insel
Bis uns endlich jemand sagen kann, ob die Fähren zur Insel Kihnu nun fahren oder ob der Wind dafür zu stark ist, haben wir sie schon verpasst. Also weiter, in den Sooma Nationalpark. Dieser ist hauptsächlich für seine fünfte Jahreszeit bekannt: wenn der Schnee schmilzt, sammelt sich das Wasser in dieser Senke und überschwemmt alles. Fünf Flüsse fließen hinein, erzählt uns der Mann, der uns ein Kanu leiht, aber nur einer wieder raus. Das kann nicht klappen. Jetzt ist es natürlich trocken, wir können durch Kiefernwälder und Hochmoore wandern und an Straßenschildern vorbeifahren, an denen Markierungen angebracht sind. 2010 konnte man gerade noch die Geschwindigkeitsbegrenzung erkennen. Von den Bohlenwegen lasse ich die Füße in einen Moorteich hängen, mit dem Kanu treiben wir den Fluss hinunter, an Schilf und einer schwimmenden Sauna vorbei. Die kleinen krummen Kiefern in den Mooren scheinen bis zum Horizont zu reichen. Wieder ist außer uns so gut wie niemand unterwegs. Abends schnappen wir uns eine der Hütten, machen ein Lagerfeuer fürs Abendessen und rollen die Isomatten aus. Vollmond. Und vollkommen still ist es. Richtig tief in den Nationalpark darf wirklich niemand. Die Straßen, Campingplätze und Wanderwege sind alle in den Randgebieten, innen drin ist die Natur richtig geschützt. Wie man sich das eben wünscht.
Etwas später heulen Wölfe in der Ferne. Und noch später stelle ich fest, dass Septembernächte ziemlich kalt sein können und ziehe ins Auto um. Als ich aufwache, hat es fünf Grad. Im Morgengrauen fahren wir wieder zurück an die Küste, um um acht die Fähre nach Kihnu zu besteigen. Die Sonne strahlt vom blauen Himmel und so wird es immer wärmer. Kihnu hat schöne Sandstrände, magische Kiefernwälder mit weichem, bemoostem Boden und etwa 500 Einwohner. Die Entfernung zum Festland und die eigene Kultur mit ganz besonderen Traditionen und einem Kihnu-Dialekt rechtfertigen eine Schule für die fünf Dörfer. Auch eine eigene Apotheke gibt es – inklusive Ärztin. Früher lebte man hier vom Fischfang, heute sind es wahrscheinlich eher die Touristen. Aus der Zeit, in der die Männer noch immer unterwegs waren und die Frauen Haushalt, Hof und Inselleben schmissen, kommen die „Kihnu-bikes“, Motorräder mit Beiwagen, die zum Symbol der Insel wurden. Inzwischen hat sich einiges verändert, aber wir sehen immerhin noch drei dieser Bikes. Und Fischerboote, freche Schafe, die durch den Zaun geschlüpft sind, Hochland-Rinder, Frauen in typischer Tracht: Kihnu-Frauen sind Handarbeits-Fans, aber die roten, selbstgewebten Röcke sind besonders bekannt. Wenn ein Familienmitglied stirbt, ist der Rock für ein Jahr lang schwarz, danach halb rot (dann darf auch wieder getanzt werden, in dem Jahr mit dem ganz schwarzen Rock nicht, wie die Frau betont, die mir das erklärt), und irgendwann wieder fast komplett rot mit bunten Streifen. Verheiratete Frauen tragen immer eine Schürze, unverheiratete nie. Das klassische Bild aus dem Fernsehen oder Reiseführer, von der Kihnu-Frau mit rot gestreiftem Rock und Kopftuch auf altmodischem Motorrad bekommt man hier kaum noch zu sehen. Die jüngeren Leute suchen sich lieber auf dem Festland Arbeit – und kommen nicht mehr wieder. Immerhin haben die Insulaner Vorrecht auf einen Platz auf der Fähre. Und Rabatt für ihr Auto. Denn selbst für Blumenerde oder neue Klamotten muss man aufs Festland.
Circa 32 Kilometer Küstenlinie hat Kihnu aufzuweisen – und bis zur letzten Fähre um kurz nach vier (täglich fahren drei Schiffe zur Insel und zwei zum Festland zurück) haben wir einen großen Teil der Insel gesehen.
Neben ganz viel Natur erlebe ich auch ganz viel moderne Technik. Selbst scannen im Supermarkt, das kennt inzwischen ja wohl jeder. Auch von Tankstellen ohne Personal hat man schon gehört. Aber als drittes checke ich heute Abend in ein „automated hostel“ ein – eine Jugendherberge ohne Menschen an der Rezeption. Kreditkarte rein, Tür auf. Also, zumindest in der Theorie… Aber so, wie im Supermarkt doch noch immer jemand daneben stehen muss und der Tankautomat bei jedem Zweiten piept, muss auch hier die Leiterin kommen, als sich der Computer am Eingang aufhängt. „Ich muss das mal reparieren“, sagt sie, „bei deutschen Kreditkarten geht es immer kaputt.“
Etwas später heulen Wölfe in der Ferne. Und noch später stelle ich fest, dass Septembernächte ziemlich kalt sein können und ziehe ins Auto um. Als ich aufwache, hat es fünf Grad. Im Morgengrauen fahren wir wieder zurück an die Küste, um um acht die Fähre nach Kihnu zu besteigen. Die Sonne strahlt vom blauen Himmel und so wird es immer wärmer. Kihnu hat schöne Sandstrände, magische Kiefernwälder mit weichem, bemoostem Boden und etwa 500 Einwohner. Die Entfernung zum Festland und die eigene Kultur mit ganz besonderen Traditionen und einem Kihnu-Dialekt rechtfertigen eine Schule für die fünf Dörfer. Auch eine eigene Apotheke gibt es – inklusive Ärztin. Früher lebte man hier vom Fischfang, heute sind es wahrscheinlich eher die Touristen. Aus der Zeit, in der die Männer noch immer unterwegs waren und die Frauen Haushalt, Hof und Inselleben schmissen, kommen die „Kihnu-bikes“, Motorräder mit Beiwagen, die zum Symbol der Insel wurden. Inzwischen hat sich einiges verändert, aber wir sehen immerhin noch drei dieser Bikes. Und Fischerboote, freche Schafe, die durch den Zaun geschlüpft sind, Hochland-Rinder, Frauen in typischer Tracht: Kihnu-Frauen sind Handarbeits-Fans, aber die roten, selbstgewebten Röcke sind besonders bekannt. Wenn ein Familienmitglied stirbt, ist der Rock für ein Jahr lang schwarz, danach halb rot (dann darf auch wieder getanzt werden, in dem Jahr mit dem ganz schwarzen Rock nicht, wie die Frau betont, die mir das erklärt), und irgendwann wieder fast komplett rot mit bunten Streifen. Verheiratete Frauen tragen immer eine Schürze, unverheiratete nie. Das klassische Bild aus dem Fernsehen oder Reiseführer, von der Kihnu-Frau mit rot gestreiftem Rock und Kopftuch auf altmodischem Motorrad bekommt man hier kaum noch zu sehen. Die jüngeren Leute suchen sich lieber auf dem Festland Arbeit – und kommen nicht mehr wieder. Immerhin haben die Insulaner Vorrecht auf einen Platz auf der Fähre. Und Rabatt für ihr Auto. Denn selbst für Blumenerde oder neue Klamotten muss man aufs Festland.
Circa 32 Kilometer Küstenlinie hat Kihnu aufzuweisen – und bis zur letzten Fähre um kurz nach vier (täglich fahren drei Schiffe zur Insel und zwei zum Festland zurück) haben wir einen großen Teil der Insel gesehen.
Neben ganz viel Natur erlebe ich auch ganz viel moderne Technik. Selbst scannen im Supermarkt, das kennt inzwischen ja wohl jeder. Auch von Tankstellen ohne Personal hat man schon gehört. Aber als drittes checke ich heute Abend in ein „automated hostel“ ein – eine Jugendherberge ohne Menschen an der Rezeption. Kreditkarte rein, Tür auf. Also, zumindest in der Theorie… Aber so, wie im Supermarkt doch noch immer jemand daneben stehen muss und der Tankautomat bei jedem Zweiten piept, muss auch hier die Leiterin kommen, als sich der Computer am Eingang aufhängt. „Ich muss das mal reparieren“, sagt sie, „bei deutschen Kreditkarten geht es immer kaputt.“
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