Die Welt erschmecken
Letztes Mal habe ich euch
ziemlich viel über Tierwohl und Klimawandel erzählt, dabei sollte es ja
ursprünglich ums Essen auf Reisen gehen. Also weiter im Text.
Essen spielt nicht nur in meinem
und deinem Leben eine wichtige Rolle, sondern auch in Kulturen. Wer denkt bei
Pizza nicht automatisch an Italien und andersherum? Wem fallen zu Frankreich
nicht Croissants und Crêpes (und Schnecken) ein? Wer assoziiert China nicht
früher oder später mit Essstäbchen? Ihr wisst, was ich meine.
Der Abschnitt zu „Essen“ ist
immer der erste, den ich in einem Reiseführer lese. Was sind örtliche
Traditionen, etwa die Essenszeiten, typischen Lebensmittel, Getränke und
Gerichte? In Thailand zum Beispiel habe ich festgestellt, dass man frühstückt,
wenn man eben Hunger hat, abendgegessen wird in der Regel mit Freunden oder
Familie, aber das Mittagessen ist immer strikt um zwölf.
Nach der Lektüre frage ich die
Leute vor Ort und lasse es mir zeigen. Wenn ich Estland verlasse, habe ich
immer einen Laib Brot dabei. Nachdem ich aus Myanmar zurückkam, begann ich, mit
deutlich mehr Knoblauch zu kochen als der Durchschnittsdeutsche. Mehrmals im
Jahr koche ich mit meiner Mutter „Momos“, eine nepalesische Spezialität. Und in
Thailand wurde ich süchtig nach frischem Eistee.
Wie essen die Leute? In vielen
asiatischen Ländern ist es zum Beispiel üblich, zu schmatzen und zu rülpsen, um
zu zeigen, dass es schmeckt, während wir Europäer das unhöflich finden. In
Nepal sollte man immer um Nachschlag bitten, weil man sonst zeigt, dass es nicht
geschmeckt hat – in anderen Ländern kann schon ein komplett leer gegessener
Teller bedeuten, es habe nicht gereicht. Die indische und nepalesische Art, mit
den Fingern zu essen, unterscheiden sich – und wollen erst einmal gelernt sein!
Italiener würden ihre Spaghetti niemals mit einem Löffel essen. In Thailand
benutzt man Stäbchen, um die Nudeln aus der Suppe zu essen, es gibt einen
speziellen Suppenlöffel, alles andere isst man mit dem Löffel und die Gabel
schiebt das Essen darauf, so wie wir es in Deutschland mit Messer und Gabel
machen.
Mehr Infos gibt es hier:
Eine Sache gibt es noch, die ich
erwähnen möchte: Palmöl. Fast alle Produkte, die man so in Supermärkten findet,
enthalten es auf die eine oder andere Weise. In Asien erlebt es momentan noch
einen richtigen Aufschwung: Es wird zum Kochen verwendet. Weil es billig ist.
Zehn Prozent des Ackerlandes der
Welt besteht aus Ölpalmen, 85% davon in Malaysia und Indonesien, wo die
Regenwälder dafür weichen müssen – Lebensraum für zahlreiche Pflanzen- und
Tierarten. Der Sumatratiger, das Sumatranashorn und Orang-Utans sind stark vom
Aussterben bedroht, eine Folge des Ölanbaus. Die Ölproduktion trägt außerdem
zur Erderwärmung bei.
Doch nicht nur in Asien enthalten
so gut wie alle verarbeiteten Lebensmittel Palmöl, 70 Prozent westlicher
Kosmetikprodukte enthalten es – und es ist nicht leicht, das festzustellen. Nur
in 10 Prozent der Fälle findet sich dieses Wort tatsächlich auf der
Zutatenliste, meist werden Synonyme oder die spezifischen Namen der Derivate
verwendet.
In einem durchschnittlichen
Supermarkt findet man 47.000 Produkte. Neben Palmöl gibt es noch zwei Zutaten,
die fast überall auftauchen: Maisstärke und Soja – kaum ein verarbeitetes
Lebensmittel (Tiefkühlpizza, Ketchup und andere Saucen, Erdnussbutter,
Süßigkeiten, auch Schokolade, Chips Eis,…) kommt ohne sie aus. Auch Mais und
Soja werden in der Zutatenliste oft getarnt, als Sorbinsäure, Maltodextrin,
Lecithin und viele weitere. Auch Produkte wie Zigaretten, Cremes und
Medikamente enthalten oft Soja. Und es wird für die Produktion von
Biokraftstoff verwendet, weil es, wie Mais, billig ist.
Und was ist jetzt wieder mein
Problem mit dem Soja?
Hier geht es nicht um Tofu, das
übrigens inzwischen auch aus deutschen Sojabohnen produziert wird. Etwa 2% des
globalen Sojaanbaus gehen in menschliche Ernährung als Tofu, Tempeh und so
weiter, die anderen 98% landen in Fertigprodukten oder werden an Tiere
verfüttert – was nicht unbedingt artgerecht ist (mehr zum Thema Tierwohl in
meinem letzten Post). Der Sojaanbau frisst
Land. Wertvolles Land. Aus einem Kilo Soja kann man 2 Kilo Tofu herstellen (es
enthält sehr viel Wasser), aber nur 300 g Schweinefleisch erzeugen. Für Sojamonokulturen
werden allerdings Regenwälder abgeholzt, unser wichtigster CO2-Speicher.
Durch die Abholzung wird das CO2 frei, was den Klimawandel weiter
vorantreibt. Wie auch der Transport: Pro Jahr werden etwa 90 Millionen Tonnen
nur aus Brasilien exportiert. Deutschland importiert zwischen drei und vier
Millionen Tonnen jährlich. Britische Wissenschaftler gehen nach ihrer Studie
davon aus, dass Veganer für etwa halb so viele Treibhausgasemissionen
verantwortlich sind wie Fleischesser, selbst, wenn sie Tofu verzehren, dessen
Hauptzutat aus Südamerika importiert wurde.
Regenwald wird zu Sojaplantagen (Bild: robinwood.de) |
Drei Viertel des brasilianischen Soja sind gentechnisch verändert, sogenanntes „Roundup Ready“ Soja (im globalen Durchschnitt sind es sogar 90%). Auch von Mais gibt es eine „Roundup Ready“ Variante. Roundup ist das berüchtigte Pestizid Glyphosat der Firma Bayer-Monsanto, das so ziemlich alles abtötet: Insekten, Schadnager, Unkraut. Theoretisch auch Soja und Mais, wenn es sich nicht um diese veränderte Züchtung handelt. Man kann also davon ausgehen, dass es auch schädlich für uns Menschen ist. Monsanto hat nicht nur ein Patent auf sein Pestizid, sondern auch auf die Roundup Ready Pflanzen. Ein Patent auf Leben, muss man schon sagen. Das bedeutet, dass die Bauern die Samen nicht behalten dürfen, um damit im nächsten Jahr wieder anzubauen, sondern jede Saison wieder neue bei Monsanto einkaufen müssen.
In Gegenden, in denen viel Mais
und Soja angebaut wird, also auch viel Glyphosat (und andere Pestizide)
eingesetzt werden, wurden in den letzten Jahren auch verstärkt Geburtsfehler
und Krebs festgestellt, Herzleiden, Schilddrüsenerkrankungen und die seltene
amyotrophe Lateralsklerose häufen sich in den Sojaanbaugebieten. Das liegt vor
allem daran, dass Glyphosat sowohl eingeatmet werden kann, da es aus der Luft
versprüht wird, als auch, dass es ins Grundwasser gelangt, wenn es im Boden
versickert.
Als ich hier in mein momentanes
Zuhause eingezogen bin, hatte die vorherige Bewohnerin eine Packung
Instant-Nudeln für mich liegen lassen. Eine große Plastikpackung, darin zwanzig
Plastikpäckchen mit einzelnen Portionen. Darin: Weizenmehl, Palmöl und Zucker
(und 5% andere Zutaten). Definitiv nichts, was ich freiwillig kaufen würde!
Doch dann dachte ich daran, wie
diese Packung hier weiter liegen würde. Die nächste Person weiß im Gegensatz zu
mir nicht, woher das kommt und wie lange es hier schon herumsteht. Irgendwer
wird es dann wahrscheinlich wegwerfen. Vor einem Jahr wäre ich aller
Wahrscheinlichkeit nach diese Person gewesen.
Jetzt habe ich die Nudeln
gegessen.
Denn was viel schlimmer ist, als
Produkte mit Plastikverpackung, oder tierischen Zutaten, oder Palmöl zu essen –
ist, sie wegzuwerfen.
Allein im Land der Superlative,
den USA, werden 12,7 Milliarden Kilo Essen weggeworfen, das noch gut gewesen
wäre…mehr dazu hier.
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und https://www.pickuplimes.com/ (englisch)
Raw Alignment
(englisch)
Zerowastechef (englisch)
Plantbasedon a budget (englisch)
The
Guardian long read: How the world got hooked on palm oil (https://www.theguardian.com/news/2019/feb/19/palm-oil-ingredient-biscuits-shampoo-environmental)
https://www.bravebird.de/blog/umweltbewusstes-essen-warum-lokale-speisen-auf-reisen-so-wichtig-sind/
tagesschau.de vom 27.7.18
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