Wasser sparen. Für die Welt und ihre Menschen




Einer von neun Menschen auf der Welt hat keinen Zugang zu sauberem Wasser, und ein Drittel hat keine richtige Toilette.

Reden wir als Teil der Nachhaltigkeitsserie über Wasser.
Ich teile „Wasser und Reisen“ grob in zwei Themenbereiche: Der „Wasser-Fußabdruck“ der Produkte, die zu uns reisen, und die Wasser-Probleme in den Ländern, in die wir reisen. Mir ist klar, dass das hier bei Weitem nicht alles abdeckt, aber es sind mal ein paar Dinge, die mir wichtig erscheinen.

Wir wissen ja schon, dass Wassersparen immer wichtiger wird, mit dem Klimawandel, verbrauchten Ressourcen und steigendem Konsum. Regenwasser versauert, der Meeresspiegel steigt, das Grundwasserlevel sinkt, Seen trocknen aus, Landschaften verwandeln sich in Wüsten. Der Durchschnittsdeutsche verbraucht 130 Liter Wasser am Tag als Getränk, zum Duschen, Geschirrspülen, Klospülung und so weiter. Unser Leitungswasser ist gesundheitlich völlig unbedenklich und von sehr guter Qualität – oft besser als Wasser in Flaschen.
Wir bemühen uns auch alle bereits, indem wir kurz duschen, eine Spülmaschine verwenden statt Geschirr mit der Hand zu waschen (ja, moderne Spülmaschinen verbrauchen weniger Wasser) den Hahn zudrehen beim Zähneputzen, Rasieren und Einseifen und so weiter. Tatsächlich ist das deutsche Abwassersystem für mehr ausgelegt, als wir verbrauchen!
Zu den interessanteren Wasserspar „Hacks“ gehören dann wohl folgende:
Wenn du gerne kaltes Wasser trinkst, fließt ja immer erstmal Wasser ungenutzt weg, bevor es deine Optimaltemperatur erreicht. Also füll doch einfach Leitungswasser in eine Flasche oder Karaffe ab und halte diese im Kühlschrank bereit. Sammle Regenwasser, um deine Pflanzen zu gießen – in einer großen Tonne für den Garten, oder in einem Becher auf der Fensterbank deiner kleinen Wohnung.
Wenn du gerade am Bauen oder renovieren bist, bieten sich natürlich unglaubliche Möglichkeiten: eine Regenwasserdusche. Regenwasserklospülung. Oder diese coolen, vermutlich japanischen Toiletten (japanische Klos sind immer irgendwie faszinierend), die ein kleines Waschbecken obendrauf haben und dieses Wasser dann zur nächsten Spülung verwenden.
Billiger ist es, einfach einen Eimer in die Dusche zu stellen: darin sammelt sich ein Teil des Wassers, mit dem man dann auch die Toilette spülen kann.

Aber das ist nicht alles. Wir alle haben auch noch den sogenannten virtuellen Wasserfußabdruck. Neben den 130 Litern, die wir direkt verbrauchen, sind wir auch verantwortlich für das Wasser, dass in der Produktion unserer Nahrungsmittel, Kleidung und Konsumgüter verwendet wird. Das sind dann durchschnittlich 5300 Liter pro Person und Tag.
70 Prozent des Wassers wird für die Lebensmittelproduktion benutzt, das ist doch mal ein Ansatzpunkt zum Wassersparen!
Ein Apfel zum Beispiel braucht etwa 70 Liter Wasser. Eine Avocado 500. Laut der Organisation Wateraid braucht man 140 Liter Wasser für das Kaffeepulver einer einzigen Tasse Kaffee. Ein Grund mehr für einen Koffeinentzug! Das ist dreimal mehr als für eine Tasse Tee gebraucht wird, laut Huffington Post sogar zehnmal mehr (jetzt fühle ich mich gleich besser. Allerdings… Tee ist auch kein moralischer Freifahrtschein…). Tierische Lebensmittel verbrauchen mehr Wasser als pflanzliche, klar, die Tiere essen ja zuerst Pflanzen. Während man für 250 Gramm Kartoffeln also 225 Liter Wasser braucht, sind es für 250 g Schweinefleisch 1200 l. Ein paar weitere Beispiele gefällig?
Sowohl eine Banane als auch ein Ei benötigen 200 Liter Wasser. Auf einen einzigen Liter Kuhmilch kommen 1000 Liter Wasser. Bezogen auf den Wasserverbrauch, die beiden schlimmsten Lebensmittel sind Rindfleisch und Schokolade: In einem Kilo Rind stecken ganze 15 000 Liter Wasser, in einem Kilo Kakao sogar 27 000! Da ein normaler Mensch eher mehr Fleisch als Schokolade isst, denke ich trotzdem, dass es die richtige Entscheidung war, zuerst das Fleisch von meinem Speiseplan zu streichen und danach an meinem Schokoladen-Problem zu arbeiten.
Die Huffington Post hat eine tolle Übersicht zusammengestellt über den Wasserverbrauch verschiedener Lebensmittel (Bier oder Wein? Zimt oder Pfefferminze? Mandeln oder Walnüsse?), folgt einfach dem Link unten auf der Seite.


Das Problem bei vielen Lebensmitteln: wir importieren sie. In Zentral- und Nordeuropa reichen die Niederschläge für die Landwirtschaft aus, aber alles, was aus wärmeren, trockeneren Ländern kommt, muss künstlich bewässert werden. Einer der Gründe, warum „regional-saisonal“ so ein sinnvolles Konzept ist.

Natürlich tragen auch andere Produkte zu unserem virtuellen Wasser-Fußabdruck bei. 1300 Liter werden zum Beispiel in die Herstellung eines Handys gesteckt. 20 000 in einen Computer. 6000 bis 12 000 in eine Jeans (je nach Informationsquelle), und zehn Liter Wasser stecken in jedem einzelnen DIN A4 Papier. Wow, ich muss digitalisieren! Seit mir hier die Bücher ausgegangen sind, habe ich die Kindle-App auf dem Handy. Freunde und Familie sagen mir, dass ich auf Ebooks umsteigen muss, seit diese erfunden wurden. Das spart nicht nur Wasser, sondern auch Platz im Rucksack, eine Menge Gewicht, und während ich oft mal ohne Buch an einer Bus- oder Bahnhaltestelle stehe: mein Handy habe ich immer dabei. Online-Banking mache ich auch schon, sodass ich statt fetten Ordnern mit Kontoauszügen im Regal nur einen Ordner auf dem Computer habe, den ich nie angucken muss. Seit ich in Thailand angekommen bin, habe ich auch nichts ausgedruckt außer den Dokumenten, die nachweisen, dass ich meine Praktika hier gemacht habe. Können wir bitte alle dem Beispiel Estlands folgen und unsere Steuererklärung, Parlamentswahlen und Bewerbungen nur noch digital machen? Ich steige langsam darauf um, meine Lernunterlagen nur noch auf dem Bildschirm durchzulesen, statt alles auszudrucken. Für Bus, Bahn und Flugzeug gibt es Onlinetickets. Das ist meistens ja nur aus Bequemlichkeit (weniger Kram, an den man denken muss), aber hey, es spart Wasser!


Um nochmal auf die Jeans zurück zu kommen. Beim Thema Mode weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Die bekannte britische Journalistin Lucy Siegle deckt in ihrem Buch „To Die For“ alle Probleme ab, die unsere heutige Fast Fashion verursacht. Ich empfehle dieses Buch jedem! Ungefähr bei der Hälfte wusste ich, dass ich nie wieder mit reinem Gewissen neue Kleidung kaufen kann.

Zunächst ist da die Baumwolle. Baumwolle nimmt 2% der globalen Anbauflächen ein, ist aber für 11-12 Prozent des Pestizideinsatzes verantwortlich – aber es geht ja um Wasser. Um also eine Tonne der weißen Fluffbällchen zu erzeugen, werden 7000-9000 Kubikmeter Wasser benötigt. Diese müssen dann aber noch zu Fäden werden, die Fäden zu Stoffbahnen, die gefärbt werden müssen, und einen Überzug brauchen, der dafür sorgt, dass die Farbe nicht beim Kontakt mit Luft, Haut oder Wasser wieder abgeht. In einem einzigem T-Shirt (ungefähr 250 g) stecken 2700 Liter Wasser, in einer Jeans (1 kg Baumwolle) 11 000-12 000. Nach dem Nähen, Färben und Ummanteln lautet die Faustregel für ein durchschnittliches T-Shirt: 20 000 Liter Wasser.
Um den Aralsee ist der Baumwollanbau mit Schuld an der Desertifikation, also an der Ausbreitung der Wüste. Das Trinkwasser in Usbekistan und Kasachstan in dieser Gegend enthält 6 g Salz pro Liter – viermal mehr, als die WHO empfiehlt.



Das Färben braucht auch eine Menge Wasser, und gesundheitsschädliche Chemikalien. Die meisten Färbereien befinden sich in Entwicklungsländern, wo immer noch 90% des Abwassers vollkommen unbehandelt in Flüssen und Bächen landen. Die Bekleidungsindustrie ist einer der Gründe, warum die Menschen dort durch das Wasser erkranken, mit dem sie kochen, das sie trinken, in dem sie sich waschen. Effiziente Färbereien nutzen etwa 60 Liter Wasser, um ein Kilo Baumwolle zu färben, die meisten sind allerdings ineffizient und verbrauchen für dieselbe Menge 600 Liter. Nur 10% dieses Abwassers wird behandelt, bevor es in die Flüsse gelangt. 

Ein Viertel der chinesischen Bevölkerung trinkt täglich kontaminiertes Wasser. Die Kleidung, die hier für den westlichen Markt gefärbt wird, ist einer der Gründe. Die Hauptwasserquelle der Guangdong Region ist der Mao Zhou Fluss. Dort hinein entlässt die Fuan Textilmühle tagtäglich 22 000 Tonnen Abwasser. Bei einer Inspektion 2006 konnte nicht einmal der Versuch einer Aufbereitung gefunden werden. In der Region behandeln nur etwa 2% der Städte ihr Abwasser. Zweieinhalb Millionen Einwohner haben nur kontaminiertes Wasser zur Verfügung.

Doch es ist nicht nur die Baumwolle. Auch die Lederproduktion verbraucht enorm viel Wasser. Gerbereien sind normalerweise direkt an Flüssen gebaut. Diese Lederfabriken leiten täglich 20 bis 30 Millionen Liter Abwasser in die Flüsse, und nur 9 Millionen Liter werden vorher behandelt. Im Rest befinden sich Schwefel, Kupfer, Mangan, Blei und Chrom. Im indischen Bundesstaat Kanpur, wo besonders viele Gerbereien an den Ufern des Ganges stehen, wurden Schilder aufgestellt, die davor warnen, dass das Wasser Gesundheitsrisiken birgt. Doch die Anwohner haben kein anderes Wasser.
Das bringt mich zum zweiten Thema: Wasserversorgung in Entwicklungsländern. 

Wohnen wir in einem schicken Hotel in Afrika oder Asien, bekommen wir von den Problemen nicht viel mit. Wir lesen die Schildchen, dass wir unsere Handtücher aufhängen sollen, wenn sie noch nicht gewaschen werden sollen, um Wasser zu sparen. Und wir bemühen uns ja, nehmen nur kurze Duschen und so. Ist es wirklich so schlimm?
Ist es.
Zwei Milliarden Menschen auf der Welt sind vollkommen auf Grundwasser angewiesen. Durch Klimawandel, veränderte Niederschläge und trockene Böden fließt das Regenwasser vermehrt ab und verdunstet, anstatt zu Grundwasser zu werden. Übrigens dauert der Vorgang normalerweise ungefähr 100 Jahre.
Mindestens ein Drittel der Menschheit leidet unter Wasserknappheit.
Die wertvolle Ressource wird in der Tourismusindustrie verschwendet, und um Kleidung, Lebensmittel und Tiere für den Export herzustellen.
Ich wurde in Nepal auf einige dieser Probleme aufmerksam. Wir hatten einen Wassertank für Dusche und Waschbecken, aber er war aus Plastik und dem Sonnenlicht ausgesetzt, also ein idealer Nährboden für Bakterien. Das Abwasser aus der Toilette ging unterirdisch, aber alle anderen Rohre endeten in einer offenen Rinne im Feld. Man konnte manchmal dem grünen, roten oder tiefblauen Rinnsal folgen, wenn wir neu gekaufte Kleidung wuschen. Im Winter hielt der Tank manchmal nicht viel Wasser, dann duschten wir mit Eimern im Hinterhof, befüllt aus dem Brunnen. Wäsche wuschen wir dann im Fluss, wie die Familie, bei der wir wohnten. Das war dann wohl der Zeitpunkt, als ich zu Öko-Seifen wechselte.

844 Millionen Menschen und 31% der Schulen weltweit haben überhaupt kein sauberes Wasser.
Jeden Tag sterben 800 Kinder an den Folgen von Durchfällen, die durch kontaminiertes Wasser und mangelnde Hygiene, wie etwa fehlende sanitäre Einrichtungen. Man nimmt an, dass die Gesamtzahl der Todesfälle durch Durchfall um ein Drittel reduziert werden könnte, wenn jeder immer Zugang zu sauberem Wasser hätte.
Wir „Westler“ wissen ja, dass wir uns immer brav die Hände waschen müssen: nach dem Klo und vor dem Essen, nach Kontakt zu Kranken, vor allem im medizinischen Bereich,… Und die tägliche Dusche ist auch selbstverständlich. Aber tausende Menschen müssen täglich die Entscheidung treffen, ob sie das wenige vorhandene Wasser zum Waschen oder zum Trinken benutzen. Wofür würden wir uns entscheiden?
Und dieses Wasser ist dann nicht einmal gesundheitlich unbedenklich – weder zum Trinken, noch zum Waschen.

Dieser Artikel entwickelt sich noch zum Buch, wenn ich nicht aufpasse. 
Weiter unten findet ihr Links zu einigen tollen Seiten, klickt euch durch! Und schreibt mir, was euch interessieren würde: Mehr über Wasserverschmutzung und Wassermangel? Die berüchtigten Fettberge in der britischen Kanalisation? Oder vielleicht wollt ihr wissen, warum ich ein schlechtes Gewissen bei jedem Kleidungsstück habe, das ich in meinem Leben schon gekauft habe?



Nur eins noch, um etwas positiver zu enden:
Wie man in armen Ländern an sauberes Wasser kommt.
Finde die Trinkwasserbrunnen und –auffüllstationen, mal sind es 20-Liter-Tanks, mal UV-Aufbereitungsanlagen. Fülle deine Flasche aus einem großen Kanister aus dem Supermarkt auf – dabei darauf achten, dass das Siegel nicht gebrochen wurde! Koche das Wasser ab und lasse es über Nacht abkühlen (in fast allen Hostels und Hotels gibt es irgendwo einen Wasserkocher). Nimm deinen eigenen Reise-Wasserfilter mit (ich habe einen SteriPen, der mit UV-Licht Bakterien und Viren abtötet, es gibt aber auch Filter für Schwebstoffe). Und wenn du auf Nummer sicher gehen willst: verzichte auf die Eiswürfel in deinem Getränk.



Diese Organisationen erzählen schockierende und interessante Geschichten und tun wirklich etwas Gutes:

Quellen:



Lucy Siegle

To Die For – Is Fashion Wearing Out The World?
Fourth State Publishing, 2011
Taschenbuch, 352 Seiten
ISBN: 978-0007264094
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